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27.01.2010

Totalrevision der Stadtverfassung

Der Stadtrat Schaffhausen unterbreitet dem Grossen Stadtrat die Vorlage für eine neue Stadt­verfassung. Das neue Organisationsstatut soll die Handlungsfähigkeit und die Entwicklungs­absichten der Stadt für die Zukunft sichern. Es enthält eine zeitgemässe Kompetenzregelung, moderne Volksrechte und einen Variantenvorschlag mit fünf einheitlichen Stadtratspensen. Die neue Verfassung soll wenn möglich gegen Ende 2010 oder im Jahr 2011 den Stimmberechtigten vorgelegt werden.

Die heutige Stadtverfassung datiert vom 18. August 1918 und ist in vielen Teilen überholt. So stimmen die organisatorischen Bestimmungen nicht mehr mit der Realität überein. Auch entspre­chen die Kompetenzregelungen nicht mehr den heutigen Anforderungen an eine mittelgrosse Kantonshauptstadt mit vielfältigen Zentrumsfunktionen und einem Budgetvolumen von über 200 Millionen Franken. Die Stadtverfassung stellt nach zahlreichen Teilrevisionen ein Flickwerk dar. Nachdem in den vergangenen Jahren sowohl die Bundesverfassung wie auch die Kantonsverfassung total revidiert wurden, ist es nun an der Stadt, ihre Verfassung den heutigen Gegebenheiten anzupassen.

Mit der Vorlage zur Totalrevision werden drei parlamentarische Aufträge erfüllt. So wird den Anlie­gen der Motionen von Grossstadtrat Dr. Raphaël Rohner „Totalrevision der Stadtverfassung Schaff­hausen“ und "Parlamentarische Untersuchungskommission" entsprochen. Gleichzeitig kann auch die Motion von Grossstadtrat Edgar Zehnder zur Straffung der Wahltermine umgesetzt werden.

Was bringt die neue Verfassung?
Eine Gemeindeverfassung ist in erster Linie ein Organisationsstatut. Es geht darum, die Organi­sation und die Kompetenzen der städtischen Behörden so zu regeln, dass die Stadt ihre Aufgaben möglichst bürgernah und wirkungsvoll erfüllen kann. Gleichzeitig gilt es, die Mitsprache der Legis­lative und der Stimmberechtigten bei den wichtigen Entscheiden zu gewährleisten. Mit der Um­setzung der Parlamentsreform auf Verfassungsstufe sollen weiter die parlamentarischen Aufsichts- und Mitwirkungsinstrumente gestärkt werden. Als weitere Neuerung enthält der Verfassungsentwurf einleitend einen Programmartikel. Er fasst in knapper Form die langfristigen Ziele zusammen, welche sich die Stadt bei der Erfüllung ihrer Aufgaben setzt. Auch sind die wichtigsten Tätigkeits­grund­sätze für die Behörden, wie die Pflicht zur Zusammenarbeit, zur kostengünstigen, wirksamen und bürgerfreundlichen Aufgabenerfüllung oder der Grundsatz der Öffentlichkeit der Verwaltungs­tätigkeit in die Verfassung aufgenommen worden. Weiter wird die Unabhängigkeit der Finanz­kontrolle statuiert. Schliesslich stellt der Stadtrat mit einem Variantenvorschlag eine neue Ausge­staltung der Stadtratspensen auf der Basis der Gleichbehandlung der Stadtratsmitglieder zur Diskussion.

Vorgehen und Ablauf
Der Stadtrat hat zu Beginn der neuen Amtsdauer eine Projektgruppe eingesetzt, welcher zum einen Stadtrat Peter Neukomm, Stadtschreiber Christian Schneider und Rechtsberaterin Karin Sigrist-Steuri angehörten. Zum andern wirkten als Fachleute ausserhalb der Stadtverwaltung Dr. Peter Saile, Rechtskonsulent der Stadt Zürich und Spezialist für kommunales Verfassungsrecht sowie Grossstadtrat Dr. Raphaël Rohner mit, der mit seiner Motion den Anstoss für die Totalrevision gegeben hatte. Bei der Ausarbeitung des Entwurfs wurden die Ideen anderer neuerer Stadtver­fassungen miteinbezogen (St. Gallen, Chur, Thun, Köniz usw.).

Die Vorlage wird im Laufe des Jahres 2010 im Grossen Stadtrat vertieft beraten und anschliessend den Stimmberechtigten unterbreitet. Der Stadtrat hofft, dass dies gegen Ende 2010 oder im Laufe des Jahres 2011 möglich sein wird.

Schwerpunkte der Revision

1.    Programmartikel
Neu sollen die Aufgabenbereiche, welche von der Stadt Schaffhausen mit besonderem Engagement wahrgenommen werden und die auch die Wahrnehmung Schaffhausens von aussen prägen, in einem Programmartikel aufgeführt werden. Auf eine Wiederholung der in der kantonalen Verfassung aufgelisteten Staatsziele wird jedoch bewusst verzichtet. Genannt werden sollen beispielsweise die Leistungen der Stadt im Bereich Kultur und im Bereich Sport und Freizeit. Der Programmartikel begründet keine einklagbaren Rechte.

2.    Verstärkter Einbezug der Bevölkerung
Die Stadt wird mit der Einführung einer Partizipationsbestimmung verpflichtet, bei der Planung die betroffenen Bevölkerungskreise, Quartiere und Vereine angemessen mit einzubeziehen. Ziel sind volksnahe Entscheide bei der Stadtgestaltung. Das Petitionsrecht erlaubt es jedermann unabhängig von Stimmberechtigung und Wohnsitz zu einem bestimmten Anliegen Unterschriften zu sammeln und sich so eine Stimme zu verschaffen. Neu wird das Motionsrecht der Parlamentarier auf alle Stimmberechtigten ausgeweitet. Mit 100 Unterschriften kann dem Stadtparlament eine Motion unter­breitet werden. Diese wird wie eine Motion eines Parlamentsmitgliedes behandelt.

3.    Zeitgemässe Finanzkompetenzen
Die heutigen Finanzkompetenzen der städtischen Behörden und des Parlaments liegen weit unter dem schweizerischen Durchschnitt. So beträgt die eigene Kompetenz des Grossen Stadtrates Schaffhausen 200'000 Franken, während zum Beispiel das Gemeindeparlament von Köniz (38'000 Ein­wohnerinnen und Einwohner) eine Finanzkompetenz von 2 Millionen Franken hat. Bei den Exekutiven kann der Stadtrat von Bülach über neue einmalige Ausgaben von 300'000 Franken entscheiden, der Neuhauser Gemeinderat über Ausgaben bis 100'000 Franken, der Schaffhauser Stadtrat nur bis 50'000 Franken. Nach dem Verfassungsentwurf soll der Grosse Stadtrat neu über Ausgaben bis 1 Million Franken beschliessen können. Die Kompetenz des Stadtrats soll auf  100'000 Franken erhöht werden. Damit liegt die Stadt im schweizweiten Vergleich noch immer tief. Die Grenze für das obligatorische Referendum ist bei 3 Millionen Franken für neue einmalige Ausgaben angesetzt, das fakultative Referendum greift ab 1 Million Franken und kann (wie schon 1918!) auch künftig bereits mit 600 Unterschriften ergriffen werden. Damit ist gewährleistet, dass die Stimmberechtigten auch weiterhin dort das letzte Wort haben, wo sie es als wichtig erachten. Abstimmungen über unbe­strit­tene Geschäfte können jedoch vermieden werden.

4.    Variantenvorschlag für gleichwertige Stadtratspensen
Der Stadtrat schlägt in einer Variante eine Verbesserung der heutigen Halbämterregelung vor. Neu sollen alle fünf Stadtratsmitglieder ihr Amt mit einem Pensum von 80 Prozent ausüben. So kann durch eine moderate Anpassung der Ressourcen an die effektive Belastung und Verantwortung die politische Führung gestärkt werden. Dieses Modell mit 5 x 80 Stellenprozent hat sich bereits in Köniz bewährt. Ein Modell mit fünf gleichen Stadtratspensen macht es zudem möglich, das Wahlverfahren bei den Gesamterneuerungswahlen zu vereinfachen und den Wahlherbst um einen Wahlgang zu verkürzen.

Um das Gelingen der Totalrevision jedoch nicht durch diese Einzelfrage zu belasten, wird das Modell 5 x 80 Prozent als Variantenvorschlag unterbreitet. Im Hauptvorschlag wird die Weiter­führung der heutigen Regelung mit zwei Vollämtern und drei Halbämtern in den Entwurf aufgenommen.

Die Stadtverfassung bleibt ein schlanker und übersichtlicher Erlass
Trotz den neu aufgenommen Bestimmungen zu den Volksrechten und der Aufnahme der wichtigsten Tätigkeitsgrundsätze für Behörden und Verwaltung entspricht die neue Verfassung mit 62 Artikeln umfangmässig fast auf den Artikel genau der geltenden Verfassung mit zurzeit 61 Artikeln.

Weitere Auskünfte erhalten Sie bei:
Stadtpräsident Thomas Feurer
Tel.: +41 52 632 52 11
E-Mail: thomas.feurer(at)stsh.ch

Stadtrat Peter Neukomm, Finanz- und Personalreferent
Tel.: +41 52 632 52 12
E-Mail: peter.neukomm(at)stsh.ch

Christian Schneider, Stadtschreiber
Tel. +41 52 632 52 21
E-Mail: christian.schneider(at)stsh.ch